Strauß in Panik

Bei der Behandlung müssen Tierarzt und Tierhalter bzw. -betreuer das kranke Tier gemeinsam ruhig stellen

onlineurteile.de - Im Chemnitzer Zoo humpelte eine Straußenhenne. Zwei Wochen lang behandelte sie der Tierarzt, dabei blieb die Henne ganz ruhig. Da sich ihr Zustand jedoch nicht besserte, vermutete der Tiermediziner einen Beckenbruch und beschloss, die Henne zu röntgen. Mit seinem mobilen Röntgengerät kam er in den Tierpark.

Mit Hilfe von Tierpflegern versuchte der Tierarzt, die Straußenhenne mit einer Seilwinde anzuheben, was ihr überhaupt nicht passte. Sie geriet in Panik und wedelte so stark mit den Flügeln, dass das Röntgengerät aus seiner Halterung gelöst und umgeworfen wurde.

Der Schaden belief sich auf rund 8.500 Euro, die Tierarztpraxis musste das Gerät entsorgen. Daraufhin verklagte der Tiermediziner die Kommune Chemnitz — als Betreiberin des Tierparks — auf Schadenersatz.

Den Zoo treffe keine Schuld, konterte die Stadt: Tierpfleger dürften sich während einer medizinischen Behandlung auf die Erfahrung des Tierarztes verlassen. Dabei habe allein der Tierarzt die Aufsicht und bestimme das Geschehen. Dass der Vogel das Röntgengerät quasi in Stücke zerlegte, habe sich der Mediziner selbst zuzuschreiben. Mit der Seilwinde bringe man das Tier in eine ungewohnte Zwangshaltung, kein Wunder, dass es in Panik geraten sei.

Die Richter des Landgerichts Chemnitz erklärten dagegen, alle Beteiligten seien gleichermaßen für den Schaden verantwortlich (4 U 1654/12). Der Tierarzt hätte den großen Vogel für die Röntgenuntersuchung ordentlich fixieren oder sogar betäuben müssen. Da er dies versäumte, treffe ihn ein Mitverschulden von 50 Prozent.

Aber auch die Tierpfleger hätten sich darum bemühen müssen, die Straußenhenne ruhig zu stellen. Wenn Tiere medizinisch behandelt werden, müssten Tierhalter (bzw. Tierpfleger oder Betreuer) und Tierarzt gemeinsam auf sie achten und Panikreaktionen verhindern. Daher müsse die Kommune die Hälfte des Schadens ersetzen.