Streit um "Nebenjob"

Versicherungsangestellte will gleichzeitig als Rechtsanwältin arbeiten

onlineurteile.de - Eine Volljuristin arbeitete jahrelang - als Kundenbetreuerin in der Abteilung Haftpflichtschäden - für eine Versicherungsgesellschaft. Ihre Arbeitgeberin genehmigte ihr, nebenberuflich als Rechtsanwältin tätig zu werden. Dabei behielt sich die Versicherungsgesellschaft aber vor, die Erlaubnis zurückzuziehen, sollte sich die Nebentätigkeit nachteilig auf die Arbeitsleistung auswirken.

Als die Versicherungsangestellte ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft beantragte, gab es Schwierigkeiten. Denn die Rechtsanwaltskammer verlangte die Vorlage einer "Freistellungserklärung": Wenn die anwaltliche Tätigkeit dies erfordere, müsste die Rechtsanwältin in spe jederzeit ihre Arbeitsstelle bei der Versicherung verlassen können, meinte die Anwaltskammer. Als die Versicherungsangestellte mit diesem Anliegen bei ihrer Arbeitgeberin vorsprach, bekam sie eine Abfuhr.

Zu Recht, entschied das Landesarbeitsgericht Hessen auf Klage der Juristin (13/12 Sa 1476/02). Zwar seien Nebentätigkeiten grundsätzlich zulässig. Denn der Arbeitnehmer müsse dem Arbeitgeber während der Arbeitszeit seine Dienste leisten, aber nicht seine gesamte Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Was er mit der übrigen Zeit anfange, stehe ihm frei.

Nebentätigkeiten dürften Arbeitnehmer jedoch nicht von der Arbeit abhalten. Deshalb fänden sie üblicherweise vor oder nach der Haupttätigkeit statt. Im vorliegenden Fall verlange die Angestellte eine Vertragsänderung, die ihre Haupttätigkeit zum Nebenjob degradieren würde. Denn die Juristin müsste für die Versicherung nur noch arbeiten, sofern dies ihre anwaltlichen Pflichten nicht störe. Und ihre Arbeitgeberin hätte in Sachen Arbeitszeit und Arbeitsumfang nichts mehr zu sagen. Das gehe zu weit.