Streit ums Sorgerecht
onlineurteile.de - Als die jetzt achtjährige Tochter geboren wurde, lebte das unverheiratete Paar in Frankreich: Die Mutter ist Deutsche, der Vater Franzose. Kurz nach der Geburt trennten sich die Eltern, die Frau kehrte mit dem Kind nach Deutschland zurück. Zuerst übten die Eltern das Sorgerecht gemeinsam aus, das Mädchen besuchte den Vater oft.
Doch als der Schulbesuch näher rückte, entbrannte ein erbitterter Streit um die Frage "deutsche oder deutsch-französische Grundschule"? Die Eltern entzweiten sich immer mehr: Dem Prozess um die richtige Schule folgte ein Streit ums Umgangsrecht, schließlich forderte der Vater das alleinige Sorgerecht. Das Oberlandesgericht (OLG) übertrug es ihm.
Auf die Rechtsbeschwerde der Mutter hin hob der Bundesgerichtshof diese Entscheidung wegen Verfahrensfehlern auf und verwies die Sache zurück ans OLG (XII ZB 407/10). Das gemeinsame Sorgerecht sei nicht mehr praktikabel, dafür seien die Beziehungen der Eltern zu zerrüttet. Es zu ändern, sei richtig.
Aber das OLG sei mit nicht nachvollziehbaren Argumenten zu dem Schluss gelangt, der Vater eigne sich besser zur Kindererziehung. Dabei habe es ihn selbst "inflexibel und verbissen" genannt, weil er ständig die Mutter abwerte. Daher wären wohl nach einem Umzug des Kindes nach Frankreich eher mehr familiäre Probleme zu erwarten als vorher. Die Mutter habe den Kontakt zum Vater immer gefördert.
Ein Rechtsfehler sei es, dass das OLG das Mädchen selbst nicht angehört habe. Es habe sich klar dafür ausgesprochen, bei der Mutter zu bleiben und den Vater zu besuchen. Angesichts der gravierenden Folgen, die der Wechsel des Sorgerechts hier habe - nämlich den Wechsel aller bisherigen Lebensumstände -, sei es unverzichtbar, das schon recht verständige Kind selbst anzuhören.
Darüber hinaus hätten alle Beteiligten (Amtsrichter, psychologischer Sachverständiger, Verfahrenspfleger) empfohlen, um der Kontinuität der Betreuung willen das Kind bei der Mutter zu lassen. Rechtlich fragwürdig sei auch, dass das OLG die bisherige Verfahrenspflegerin - die das Kind sehr gut und lange kannte und in den komplizierten Fall eingearbeitet war - direkt vor Abschluss des Verfahrens wegen eines Urlaubs kurzfristig ausgetauscht habe.