Streuen zwecklos?
onlineurteile.de - In jedem Winter kommt es zu zahllosen Glatteisunfällen. Nicht immer ist daran jemand "schuld" und muss für den Schaden geradestehen. Wer muss wann, wo und wie streuen - diese Fragen gehören zum Gerichtsalltag. In einem Rechtsstreit vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ging es um eine der wesentlichen Beweisfragen: Ein Glatteisopfer verlangte Schadenersatz und der Streupflichtige konterte im Prozess, Streuen wäre zwecklos gewesen (VI ZR 219/04).
Der BGH nahm grundsätzlich zur Beweispflicht Stellung: Im Prinzip müsse der Verletzte belegen, dass vor dem Unfall schuldhaft versäumt wurde zu streuen. Es sei auch seine Sache nachzuweisen, dass zur Zeit des Unfalls bereits oder noch eine Streupflicht bestand (wegen winterlicher Straßenverhältnisse, Glättegefahr, ungünstiger Beleuchtung usw.).
Anders liege der Fall jedoch, so der BGH, wenn dem Unfallopfer dieser Beweis gelungen sei, der Streupflichtige aber behaupte, es wäre sinnlos gewesen zu streuen. Denn er berufe sich dann auf eine Ausnahmesituation. In diesem Fall sei es an ihm, seine Behauptung zu beweisen. Nur wenn besondere Umstände - wie starker Schneefall oder Eisregen - vorlägen und bis kurz vor dem Unfall andauerten, treffe es zu, dass "Streuen gar nichts bringt". Dann müsse der Streupflichtige für den Unfall nicht haften.