Strom als fehlerhaftes Produkt

Netzbetreiberin haftet nach dem Produkthaftungsgesetz für Überspannungsschäden

onlineurteile.de - Die Stadtwerke W betreiben ein kommunales Stromnetz, das sie den Kunden und den Stromproduzenten (Stromeinspeisern) zur Verfügung stellen. Dabei verändert die Netzbetreiberin die Spannungsebene — ansonsten könnten Endverbraucher den Strom mit den gängigen Verbrauchsgeräten nicht nutzen. Die sind auf Niederspannung mit ca. 230 Volt ausgelegt.

Ein Stromkunde verklagte die Stadtwerke auf Schadenersatz. In seinem Wohnviertel war aufgrund einer Störung im Elektrizitätsnetz der Strom ausgefallen, was in seinem Hausnetz zu einer Überspannung führte. Diese beschädigte mehrere Elektrogeräte und die Heizung.

Das Landgericht bestätigte den Anspruch des Stromkunden auf Schadenersatz. Vergeblich legten die Stadtwerke gegen das Urteil Revision zum Bundesgerichtshof ein (VI ZR 144/13). Auch Elektrizität sei ein Produkt, erklärten die Bundesrichter.

Daher hafte die Netzbetreiberin wie alle Hersteller (gemäß Produkthaftungsgesetz unabhängig von Verschulden) für Schäden, die durch Fehler ihres Produkts entstehen. Als Produktfehler im Sinne des Gesetzes sei die Überspannung anzusehen, die Verbrauchsgeräte des Kunden beschädigt habe. Mit derartigen Schwankungen in der Spannung müssten Kunden nicht rechnen.

Erfolglos pochten die Stadtwerke darauf, dass sie den Strom nicht selbst produzierten, sondern den Einspeisern abnehmen. Das Gegenargument der Bundesrichter: Die Netzbetreiberin transformiere die Elektrizität so, dass sie sich für die Netzanschlüsse der Endverbraucher eigne (Niederspannung). Da sie damit das Produkt Strom in entscheidender Weise verändere, gelte sie im Sinne des Gesetzes als Produktherstellerin.