Sturz bei der Radrundfahrt
onlineurteile.de - Im Sommer 2004 fand in Schwaben der "Oberschwaben-Radmarathon" statt, eine Radrundfahrt für Amateurradsportler. Die Teilnehmer A, B, G und K radelten in einer größeren Gruppe von mindestens 20 Fahrern mit. Wie es zu dem Unfall kam, blieb umstritten. Jedenfalls fuhren bei einer Ortsdurchfahrt G und K hinter den befreundeten A und B her, die sich unterhielten. Frau A klopfte ihrem Bekannten B zur Begrüßung auf die Schulter, während G versuchte, rechts an den beiden vorbeizufahren. Plötzlich gerieten A und B mit den Lenkern ihrer Räder so aneinander, dass sich die Lenker verhakten und die beiden direkt vor Frau K stürzten. K konnte nicht mehr ausweichen, flog über die am Boden liegenden Sportler und verletzte sich an der rechten Schulter.
Von A und B forderte sie Ersatz für die Kosten der Heilbehandlung und 2.500 Euro Schmerzensgeld, weil sie geblödelt und sich gegenseitig geschubst hätten, bis sich die Lenker verhakten. Dieser Vorwurf sei nicht bewiesen, erklärte das Oberlandesgericht Stuttgart nach der Zeugenbefragung (1 U 106/05). Ebensogut könnte G beim Überholen B von rechts her unabsichtlich bedrängt und so den Sturz ausgelöst haben.
Generell gelte: Teilnehmer an sportlichen Wettbewerben (die auch ohne Regelverstöße riskant seien) hafteten für Unfälle nur, wenn sie diese durch klar regelwidriges und unfaires Verhalten verschuldeten. Denn im Prinzip nähmen alle Beteiligten das Risiko freiwillig in Kauf, so dass es treuwidrig wäre, sich wechselseitig für Schäden haftbar zu machen - zumal es häufig vom Zufall abhänge, welche Teilnehmer es treffe. Gemäß diesen Grundsätzen habe K keinen Anspruch auf Entschädigung.
Das Fahren im Pulk mache für viele Radfahrer gerade den Reiz solcher Veranstaltungen aus, weil man auf diese Weise kräftesparend vorankomme (Windschatten!). Jedem Radsportler sei klar, dass er damit auf den (von der Straßenverkehrsordnung vorgeschriebenen) Sicherheitsabstand zu Vorder- und Nebenleuten verzichte und das Sturzrisiko steige. Aus verschiedenen Gründen müssten die Fahrer manchmal abrupt bremsen oder ausweichen, dann könnten die dicht auffahrenden Begleiter nicht schnell genug reagieren. Dass sich Lenker verhakten, passiere bei geringem seitlichen Abstand ebenfalls sehr leicht, auch ohne jeden Fahrfehler oder Regelverstoß der Beteiligten.