Sturz im Krankenhaus

Welche Sicherheitsmaßnahmen sind zum Schutz sturzgefährdeter Senioren notwendig?

onlineurteile.de - Der 79-jährige Rentner litt an Diabetes und Parkinson. In einem Diabeteszentrum stürzte er und brach sich den rechten Oberschenkel. Der Mann wurde in eine Klinik eingeliefert. In der Krankenakte vermerkte das Personal "Sturzgefahr". Nach der Operation bekam er zuerst ein Bett mit hochgestelltem Bettgitter. Später wurde er in ein Einzelzimmer verlegt, dort hatte das Bett kein Gitter. Wieder wurde im Patientenblatt festgehalten, dass Sturzgefahr bestand.

Am nächsten Tag begann der Senior bereits mit der Krankengymnastik. Er stand auf und versuchte, mit dem Rollator im Zimmer kurze Strecken zu bewältigen. Eine Woche ging das gut, dann stürzte der Patient an zwei Tagen hintereinander. Beide Male war er allein und soll reichlich verwirrt gewesen sein. Seither bewegt sich der Rentner — trotz Aufenthalts in einer Rehaklinik — nur noch im Rollstuhl fort.

Das Krankenhauspersonal hätte besser auf ihn aufpassen müssen, beanstandete der Senior, und forderte von der Klinik rund 15.000 Euro Entschädigung. Das Oberlandesgericht (OLG) Jena konnte jedoch keine schuldhafte Nachlässigkeit des Pflegepersonals erkennen und wies die Klage des Rentners ab (4 U 488/11).

Selbstverständlich sei das Krankenhaus verpflichtet, die Patienten vor Schaden zu bewahren, erklärte das OLG. Doch das Ausmaß der notwendigen Kontrolle hänge vom Einzelfall ab, d.h. vom Gesundheitszustand des Patienten. Im konkreten Fall habe es keine Anzeichen für eine akute Sturzgefahr gegeben.

Vielmehr sei der Senior gerade auf dem besten Weg gewesen: Erste Bewegungsversuche mit dem Rollator hätten geklappt. Der Physiotherapeut habe keine Probleme des Patienten beim Aufstehen oder beim kurzen Gehen festgestellt. In dieser Situation sei es nicht angezeigt, den Patienten an weiterer Bewegung zu hindern. Schließlich gehe es ja in erster Linie darum, Selbständigkeit und Mobilität zu fördern.

Auch dieses grundlegende Interesse des Patienten habe das Krankenhauspersonal zu beachten. Nach dem ersten Sturz habe es öfter nach dem Rentner geschaut. Ihn lückenlos zu überwachen oder gar am Bett zu fixieren, sei nicht erforderlich gewesen. So eine Sicherungsmaßnahme beeinträchtige den Patienten und widerspreche dem Zweck, ihn zu mobilisieren. Solange das Sturzrisiko nur latent vorhanden sei, sei diese Art von Freiheitsentzug unangebracht.