Sturz in der Tram
onlineurteile.de - Im Sommer 2007 stieg ein Münchner in eine vollbesetzte Straßenbahn ein. Kaum war die Tram losgefahren, musste der Fahrer abrupt abbremsen, weil ihm ein Radfahrer in die Quere kam. Herr T konnte sich nicht festhalten und fiel zu Boden. Beim Sturz zerbrach seine Brille. Der Fahrgast zog sich eine Platzwunde am Kopf und eine Schädelprellung zu.
Von den kommunalen Verkehrsbetrieben forderte der Verletzte Schadenersatz für die Brille und 3.000 Euro Schmerzensgeld. Kühl konterte das Unternehmen, Herr T habe sich offenbar nicht richtig festgehalten und sei für den Schaden selbst verantwortlich. Daraufhin zog der Fahrgast vor Gericht und erreichte beim Amtsgericht München einen Teilerfolg (343 C 27136/08).
Die zuständige Richterin kürzte das Schmerzensgeld, gab Herrn T jedoch im Prinzip Recht. Dass sich Fahrgäste selbst um ihre Sicherheit kümmern müssten, treffe zwar zu. Sie könnten sich aber nicht immer perfekt festhalten. Nach dem Einsteigen müssten die Fahrgäste erst einmal einen Sitzplatz oder einen zuverlässigen Halteplatz im Stehen finden. Außerdem müssten sie ihre Fahrausweise entwerten, dazu seien sie schließlich verpflichtet.
Nach allen Zeugenaussagen stand fest, dass die Straßenbahn von der Haltestelle bis zum Unfallort nur wenige Meter zurückgelegt hatte. In dieser kurzen Zeit habe Herr T wohl nicht gleich einen Platz gefunden, an dem er stabil stehen und sich festhalten konnte, folgerte die Richterin. Das könne man ihm nicht vorwerfen. Wenn eine Tram in so einer Situation eine Vollbremsung einlegen müsse, hafteten die kommunalen Verkehrsbetriebe für den Schaden.
Herr T habe daher Anspruch auf Schadenersatz für seine Brille, obwohl der Straßenbahnfahrer vollkommen korrekt gehandelt habe. Da auf Seiten der Verkehrsbetriebe kein Verschulden vorliege, falle jedoch das Schmerzensgeld für die folgenlos verheilte, kleine Wunde bescheiden aus: 100 Euro seien angemessen.