Sündiger Schwimmunterricht
onlineurteile.de - Die muslimischen Eltern des zwölfjährigen A erziehen den Jungen streng religiös. Er besucht eine staatliche Schule, an der Schwimmunterricht Pflicht ist. Vorübergehend hatte ihn der Schulleiter einer Jungen-Schwimmgruppe an einer anderen Schule zugeteilt. Als A im folgenden Schuljahr mit seiner Klasse, also mit Knaben und Mädchen, Schwimmen gehen sollte, forderten die Eltern, ihn von diesem Unterricht zu befreien.
Begründung: Der Koran verbiete es den Gläubigen, ihre Körper zu zeigen und andere Körper zu betrachten. Der Junge dürfe keine leicht bekleideten Mädchen ansehen, solle seine Blicke vor ihnen niederschlagen. Wer diesen Grundsatz nicht einhalte, begehe eine Sünde, für die er bestraft werde. Gemeinsamer Schwimmunterricht mit Mitschülerinnen im Badeanzug oder gar im Bikini sei mit den Geboten des islamischen Glaubens unvereinbar.
Während die Eltern auf die Glaubensfreiheit pochten, verwies der Schuldirektor auf den staatlichen Erziehungsauftrag, zu dem auch der Sportunterricht gehöre. Ein wichtiger Grund, der es rechtfertigen würde, A vom Schwimmen zu befreien, liege nicht vor. Das Verwaltungsgericht Köln gab ihm Recht und wies die Klage der Schülereltern ab (10 L 1400/12).
Im Prinzip müsse man versuchen, den Konflikt zwischen religiösen Grundsätzen und dem staatlichen Bildungsauftrag vernünftig zum Ausgleich zu bringen, so die Richter. Wer sich aus religiösen Gründen gegen Pflichtunterricht wende, müsse überzeugend darlegen, dass er in einen unlösbaren Gewissenskonflikt gestürzt würde, müsste er daran teilnehmen und so seinem Glauben zuwider handeln. Das habe A jedoch nicht nachvollziehbar begründet.
A nehme am regulären Sportunterricht teil, obwohl die Mädchen auch dabei meist kurze Hosen und Trägershirts tragen. Wenn A hier das Gebot befolgen könne, seinen Blick vor Frauen zu senken, gelinge ihm das auch in der Schwimmhalle. Da befänden sich die Mädchen ohnehin die meiste Zeit im Wasser, so dass ihm der Anblick kaum bekleideter weiblicher Wesen erspart bleibe. Die Umkleiden seien ohnehin nach Geschlechtern getrennt.
A zum Schwimmen zu verpflichten, schränke zwar sein Recht auf Glaubensfreiheit und das Elternrecht ein. Dieser Eingriff sei jedoch gerechtfertigt durch den Erziehungsauftrag der Schule. Schüler und Schülerinnen würden gemäß dem nordrhein-westfälischen Schulgesetz gemeinsam unterrichtet und erzogen.
Schwimmunterricht verfolge nicht nur das Ziel, sie körperlich zu trainieren. Dabei gehe es auch um das Einüben sozialen Verhaltens, um die Sensibilisierung für unterschiedliche Geschlechterperspektiven, Gleichberechtigung der Geschlechter und interkulturelles Verständnis.