Symptome falsch interpretiert

Dem Arzt ist deshalb nicht zwingend ein Behandlungsfehler vorzuwerfen

onlineurteile.de - Die Frau war mit starken Bauchschmerzen in eine Frauenklinik eingeliefert worden. Nachdem man ihre Bauchdecke geöffnet hatte, diagnostizierten die Ärzte verschiedene Entzündungsherde (u.a. am Blinddarm) und Verwachsungen mehrerer Organe ("Konglomerattumor"). Danach erfolgte eine Antibiotika- und Kurzwellenresorptivtherapie. Kurz nachdem die Frau entlassen worden war, musste sie schon wieder ins Krankenhaus, diesmal in eine andere Klinik.

Dort erhielt man ein Fax aus der ersten Klinik: Auch eine Morbus-Crohn-Erkrankung (= chronische Entzündung der Darmwand) sei "nicht ausgeschlossen". Wieder wurde die Bauchdecke geöffnet - die Entzündungen waren weiter fortgeschritten. Die Ärzte sprachen nun direkt von "Morbus Crohn". Daraufhin forderte die Patientin von der ersten Frauenklinik 10.000 Euro Schmerzensgeld, weil dort der "Morbus Crohn" nicht gleich erkannt worden war.

Das Landgericht Magdeburg verneinte einen Anspruch (9 O 1393/05). Krankheitssymptome falsch zu interpretieren, sei nicht automatisch gleich ein Behandlungsfehler. Irrtümer bei der Diagnose seien relativ häufig und oft gar nicht auf einen Fehler des Arztes zurückzuführen. Entscheidend sei, ob der Arzt alle wichtigen Befunde erhoben und die Symptome entsprechend gewürdigt und nicht etwa ignoriert habe.

Laut Sachverständigengutachten bestanden typische Anzeichen einer Blinddarmentzündung, die Diagnose "Konglomerattumor" sei jedoch falsch gewesen. Vor oder während der Operation habe man den "Morbus Crohn" nicht eindeutig erkennen können. Den Irrtum könne man den Ärzten daher nicht vorwerfen. Sofort "Morbus Crohn" zu diagnostizieren, wäre zwar wünschenswert, aber eben nicht zwingend gewesen.