Testament geändert

Sind Änderungen gültig, die auf einer Fotokopie des Originaltestaments vorgenommen werden?

onlineurteile.de - Eine (geschiedene und kinderlose) alte Frau setzte im September 2002 einen langjährigen Bekannten als Alleinerben ein. Das handschriftlich von ihr verfasste Originaltestament kopierte sie, behielt die Kopie und gab das Original dem Bekannten. Wenig später erfuhr sie von ihrer unheilbaren Krebserkrankung. Daraufhin änderte sie ihre Meinung und formulierte schriftlich, sie wolle ihr Vermögen der Hospizbewegung spenden, sobald sie ein geeignetes Hospiz gefunden hätte.

Anfang Oktober strich die kranke Frau auf der Kopie des Testaments die Einsetzung ihres Bekannten zum Alleinerben durch. Darüber schrieb sie "Testamentsänderung", versehen mit Datum und Unterschrift. Auch andere handschriftliche Ergänzungen und Änderungen bestätigte sie jeweils mit Datum und Unterschrift. Sie setzte aber keinen anderen Erben ein - vermutlich suchte sie noch nach einem Hospiz. Nach ihrem Tod stritten ihre Vettern mit dem Bekannten um das Erbe.

Das Amtsgericht verweigerte der Verwandtschaft den Erbschein, weil Änderungen auf einer Fotokopie nicht den Formvorschriften entsprächen. Daher sei der Widerruf des Testaments unwirksam. Dem widersprach das Oberlandesgericht München (31 Wx 72/05). Das Originaltestament vom September liege ja vor, so die Richter. Und zusammen mit dem Originaltestament stellten die handschriftlichen Änderungen auf der Kopie ein verständliches und einheitliches Ganzes dar.

Erblasser müssten ihr Testament nicht in einer einzigen Urkunde niederlegen und nicht in einer einzigen Handlung verfassen. Sie könnten auch eigenhändig Ergänzungen und Änderungen vornehmen und ein Testament auf mehreren Blättern schreiben. Der Text müsse allerdings eine einheitliche Willenserklärung darstellen und unterschrieben sein. Ergänzungen auf einer Kopie könnten zusammen mit dem Original ein formwirksames Testament sein. Hier sei außerdem besonders zu berücksichtigen, dass die Erblasserin das Original nicht bei sich hatte und schwer krank war. Der Widerruf sei gültig. Da kein neuer Erbe eingesetzt worden sei, gelte die gesetzliche Erbfolge. Das Vermögen erhielten also die Verwandten.