Tinnitus in der Diskothek
onlineurteile.de - In der kleinen Münchner Diskothek ging es an diesem Maiabend 2002 hoch her: voller Betrieb und volle Lautstärke. So wollen es die Diskobesucher meistens ja auch. Doch an diesem Abend wurde es einer 18-jährigen Besucherin offenbar zu viel. Zumindest führte sie den Hörschaden (Tinnitus), den sie erlitt, darauf zurück, dass der Diskjockey das Lied "Cold as Ice" mit überhöhter Lautstärke abspielte. Sie verklagte ihn und den Inhaber der "Tanzbar" auf 4.500 Euro Schmerzensgeld.
Die beiden Männer hätten sich nichts vorzuwerfen, urteilte das Oberlandesgericht München, und wies die Klage ab (17 U 3944/06). Ein Akustik-Sachverständiger habe die Musikanlage überprüft und für einwandfrei befunden. Die Lautsprecher seien nur auf 300 Watt ausgelegt, die Steuerungsanlage sogar mit einem Blockademechanismus versehen, um versehentliches Übersteuern zu verhindern.
Dennoch sei es möglich, dass der Hörschaden durch das Abspielen des Liedes "Cold as Ice" ausgelöst wurde. Das Musikstück enthalte eine für das menschliche Ohr kritische Tonfrequenz, die auf der CD 16,4 Sekunden dauere. Ein Hörschaden durch diese Frequenz wäre nur bei einer Dauer von weniger als 12,9 Sekunden auszuschließen.
Das habe der Sachverständige allerdings erst durch eine Reihe von Tests herausgefunden - wie hätte der Diskjockey das wissen sollen? Selbst ein versierter Diskjockey könne unmöglich alle Stücke (inklusive verschiedener Coverversionen) so gut kennen, dass er ihre Tonfrequenzen berücksichtigen könne. Er könne bestenfalls nach subjektivem Empfinden reagieren, wenn er eine Tonfolge unangenehm finde.