Tochter beginnt spät eine Ausbildung

Ausnahmsweise besteht trotz langer Orientierungsphase Anspruch auf Ausbildungsunterhalt vom Vater

onlineurteile.de - Das 1986 geborene Mädchen hatte im Sommer 2004 die Hauptschule abgeschlossen und ein Freiwilliges Soziales Jahr begonnen. Das brach die Jugendliche im Herbst ab, weil sie einen Praktikumsplatz bekam. Nach einem berufsvorbereitenden Lehrgang bis Oktober 2005 fand sie nicht gleich einen Ausbildungsplatz. Als ihr Vater im November die Unterhaltszahlungen einstellte, nahm die Tochter eine Stelle als Zimmermädchen an.

Dort arbeitete sie bis Sommer 2008. Dann holte die junge Frau ihren Realschulabschluss nach und absolvierte bis Juli 2011 erfolgreich eine Ausbildung zur Sozialhelferin. Von Januar 2010 bis Juli 2011 erhielt sie vom Bundesland Rheinland-Pfalz BAföG-Leistungen. Das Land hielt sich anschließend an den Vater und verlangte die Ausbildungsförderung zurück.

Zu Recht, wie das Oberlandesgericht Koblenz entschied (13 UF 88/11). Der Anspruch der Tochter auf Ausbildungsunterhalt sei auf das Bundesland übergegangen, weil es ihr während der Sozialhelfer-Ausbildung einen Förderzuschuss gewährt habe. Und dieser Anspruch des Kindes sei nicht dadurch entfallen, dass es für die berufliche Orientierung sehr lange gebraucht habe. Es gebe keine fixen Fristen dafür, welche Orientierungsphase angemessen sei.

Zwar lägen hier vier Jahre zwischen Hauptschulabschluss und dem Einstieg bei der Realschule - bei einer derart langen Orientierungsphase werde der Anspruch auf Unterhalt in der Regel gestrichen, räumte das Gericht ein. Unter zwei Bedingungen bleibe er aber ausnahmsweise bestehen: wenn dem Unterhaltspflichtigen die Finanzierung der Erstausbildung zumutbar sei und der Wegfall des Unterhalts gravierende Folgen für die Lebensstellung des Kindes hätte.

Im konkreten Fall belaste der Unterhalt den Vater finanziell nicht übermäßig. Die Tochter habe nach der Hauptschule zunächst keine Erwerbstätigkeit gefunden, mit der sie ihren Lebensunterhalt hätte bestreiten können. Als Zimmermädchen habe sie ganztags monatlich 900 Euro verdient. Nach dieser Phase habe die junge Frau dann ihre Ausbildung fleißig und zielstrebig vorangetrieben. Wäge man alle Umstände des Einzelfalls ab, sei daher die lange Orientierungsphase zu vernachlässigen.