Tochter will abtreiben, Mutter ist dagegen
onlineurteile.de - Im Oktober 2003 wandte sich das Jugendamt der Stadt Halle an das zuständige Amtsgericht und beantragte, das elterliche Sorgerecht für ein 17-jähriges Mädchen teilweise aufzuheben und auf das Jugendamt zu übertragen. Begründung: Die Jugendliche sei schwanger. Es habe einen heftigen Streit mit den Eltern gegeben, weil sie einen Schwangerschaftsabbruch wünschte. Die Eltern lehnten die Abtreibung strikt ab. Deshalb habe das Mädchen seine Sachen gepackt und die elterliche Wohnung verlassen.
Das Amtsgericht befürwortete den Antrag des Jugendamts und entzog den Eltern die Gesundheitsfürsorge. So hätte das schwangere Mädchen die Abtreibung auch ohne elterliche Zustimmung in die Wege leiten können. Doch die Mutter legte Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ein und setzte sich damit beim Oberlandesgericht Naumburg durch (8 WF 152/03). Ein (vollständiger oder teilweiser) Entzug des Sorgerechts setze voraus, dass die Eltern dieses Recht "missbräuchlich ausübten" oder "unverschuldet versagten".
Nichts davon treffe hier zu: Das Mädchen habe lange Zeit schwanger werden wollen und sich auf das Kind gefreut. Erst später, als ihr klar geworden sei, dass ihr Freund und dessen Mutter davon nichts wissen wollten, habe sich die 17-Jährige gegen das Kind entschieden. Bei dem heftigen Streit mit den Eltern habe die Mutter in ihrer Aufregung dem Mädchen "eine geknallt". Dies sei falsch gewesen. Trotzdem: Der Tochter einen Schwangerschaftsabbruch zu verbieten, stelle keinen Missbrauch des Sorgerechts dar. Vielmehr gehe die staatliche Rechtsordnung davon aus, dass es die Pflicht schwangerer Frauen sei, Kinder auszutragen. Nur wenn abzusehen wäre, dass die Eltern ihrer Tochter nach der Geburt eines Kindes nicht helfen würden (bei Ausbildung und Kinderbetreuung), könnte man von Fehlverhalten sprechen. Darum gehe es hier aber nicht. Die Eltern seien bereit, ihre Tochter uneingeschränkt und vorbehaltlos zu unterstützen.