Tödlicher Bergunfall
onlineurteile.de - Im Sommer 1988 kam es bei einer Bergtour in der Schweiz zu einem tragischen Unfall. Beim Aufstieg auf das Rheinwaldhorn überquerten die Bergsteiger - eine Gruppe des Deutschen Alpenvereins mit drei Teilnehmern und einem ehrenamtlichen Tourenführer - den Läntagletscher. Auf einem Steilstück rutschte einer der Teilnehmer aus. Da die Seilschaft unzureichend gesichert war, stürzte die ganze Gruppe 200 Meter tief ab. Der Bergführer starb noch an der Unfallstelle, die Teilnehmer wurden verletzt. Eine damals 29-jährige Bergsteigerin erlitt so schwere Hirnverletzungen, dass sie dauerhaft zum Pflegefall wurde.
Dem Unglück folgte ein jahrelanges Tauziehen um Schadenersatz. Da der Tourenführer fahrlässigerweise die Seilschaft nicht mit Eisschrauben gesichert hatte, wurden dessen Erben zur Zahlung von 593.000 DM Entschädigung und einer Rente verurteilt. Die Haftung wurde allerdings auf den Nachlass des Verstorbenen beschränkt, der nicht mehr als 50.000 DM hergab. Die Haftpflichtversicherung des Alpenvereins leistete 500.000 DM, doch auch damit waren die Ansprüche der Klägerin noch nicht zu erfüllen.
Nach fast 17 Jahren zog der Bundesgerichtshof einen Schlussstrich und entschied, dass der Deutsche Alpenverein der Frau 32.355 Euro überweisen muss (II ZR 17/03). Seine ehrenamtlichen Tourenführer übernähmen besondere Risiken, die zum "satzungsmäßigen Aufgabenbereich des Vereins" gehörten. Hochtouren seien von Haus aus gefährlich. Der Bergführer sei nicht nur der Gefahr am Berg ausgesetzt, sondern werde - wenn etwas passiere - von Tourteilnehmern mit hohen Schadenersatzansprüchen konfrontiert. Dieses Risiko müssten die Führer nicht alleine tragen. Der Alpenverein müsse sie von der Haftung für Bergunfälle freistellen (sofern ihnen weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei).
Dieses Urteil zu Gunsten des Tourenführers bzw. seiner Erben kommt der Verletzten zugute, weil diese der Frau ihren Anspruch gegen den Alpenverein abtraten. Der Deutsche Alpenverein hat aus dem Unfall am Rheinwaldhorn Konsequenzen gezogen: Die Haftpflichtversicherungssumme wurde erhöht. Mitglieder, die sich zu einer geführten Tour anmelden, müssen sich seither mit "eingeschränkter Haftung" einverstanden erklären.