Tödlicher Unfall bei verbotenem Straßenrennen
onlineurteile.de - Es war schon das vierte Rennen, zu dem sich zwei Autonarren auf einer (fast wie eine Autobahn ausgebauten) Bundesstraße verabredeten: A trat mit seinem für Rennen getunten VW Golf an, B mit dem Porsche Carrera seines Vaters. Erst fuhren die beiden auf der rechten Spur mit 80 km/h nebeneinander her. Dann zog der Golf auf die linke Spur. Auf ein Zeichen hin beschleunigten die Fahrer auf über 200 km/h. Zuerst lag der Golf vorne, dann holte der Porsche auf.
Auf der rechten Fahrbahn fuhr vor dem Porsche ein Opel Astra mit 116 km/h dahin (zulässige Höchstgeschwindigkeit dort: 120 km/h). Als B fast auf gleicher Höhe mit dem Golf war, schwenkte er nach links, um den Opel zu überholen. Er zwängte sich zwischen Opel und Golf, mit einem Abstand von höchstens 30 cm. Um eine Kollision zu vermeiden, wich A nach links aus, geriet auf den Grünstreifen und verlor die Kontrolle über den Wagen. Der Golf überschlug sich, prallte gegen die Böschung. A und sein Beifahrer — beide nicht angeschnallt! — wurden herausgeschleudert. Das Fahrzeug brannte aus.
Der Beifahrer starb kurz nach dem Unfall, A überlebte schwer verletzt. A und B wurden wegen Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. A forderte von B und dessen Haftpflichtversicherer Entschädigung. Dagegen pochte B auf einen Haftungsausschluss nach den Grundsätzen für gefährliche Sportarten: A habe sich doch bewusst auf das Rennen und das damit verbundene Risiko eingelassen.
B sei haftpflichtversichert — das schließe in der Regel die Annahme eines stillschweigend vereinbarten Haftungsverzichts aus, stellte das Oberlandesgericht Karlsruhe fest (9 U 97/11). Doch selbst wenn ein Haftungsverzicht vereinbart worden wäre, müsste B für die Unfallfolgen haften: Sogar bei gefährlichen Sportarten nähmen die Teilnehmer das Risiko nämlich nur in Kauf, solange sich alle an Regeln halten. Verstoße ein Teilnehmer eklatant gegen die Regeln oder verhalte sich grob fahrlässig, mache dies einen Haftungsausschluss gegenstandslos. Und so liege der Fall hier.
Mit einer Geschwindigkeit von mindestens 220 km/h habe B die Spur gewechselt, so dass für einen Augenblick alle drei Fahrzeuge auf zwei Spuren gleichauf und ganz eng nebeneinander fuhren. So ein Verhalten offenbare ein absolut unentschuldbares Maß an Rücksichtslosigkeit: Denn es resultiere nicht aus einem Fahrfehler, sondern aus dem bewussten Entschluss, auf keinen Fall wegen des Opels zu bremsen und das Rennen abzubrechen.
A ständen daher Schmerzensgeld und Schadensatz zu, wobei er sich allerdings ein Mitverschulden von 40 Prozent anrechnen lassen müsse. A habe sich ebenso wie B auf ein verbotenes Straßenrennen eingelassen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit um über 100 km/h überschritten und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Außerdem seien seine Verletzungen auch deshalb so schwer gewesen, weil er keinen Gurt angelegt habe.