Totalschaden am Motorrad
onlineurteile.de - Mit der Suzuki seiner Ehefrau war der Mann auf einer Landstraße unterwegs. Vor ihm versuchte ein Lkw-Fahrer, rückwärts in eine Baustelleneinfahrt einzufahren. Er musste rangieren und übersah den näher kommenden Motorradfahrer. Der merkte wiederum zu spät, dass ihn der Lkw-Fahrer nicht bemerkte. Trotz Vollbremsung rammte der Motorradfahrer den Laster und schleuderte dann in den Straßengraben. Zum Glück wurde er nicht schwer verletzt. Das Motorrad erlitt allerdings Totalschaden.
Bei der DEKRA ließ die Besitzerin ihr Motorrad begutachten. Der Sachverständige schätzte die Reparaturkosten auf 4.341 Euro netto, den Wiederbeschaffungswert auf 3.400 Euro und den Restwert auf 800 Euro. Vom Haftpflichtversicherer des Lkw-Fahrers forderte die Frau 3.400 Euro plus Gutachten- und Anwaltskosten. Die Versicherung zog von dem Betrag den Restwert ab und zahlte entsprechend weniger.
Zu Unrecht, entschied das Amtsgericht Fulda, und gab der Zahlungsklage der Motorradfahrerin statt (34 C 32/11). Der Lkw-Fahrer habe den Unfall allein verschuldet: Der Motorradfahrer habe nicht damit rechnen können, dass der Lkw im letzten Moment in seine Fahrspur hineinfahren würde. Daher müsse der Haftpflichtversicherer des Lkw-Fahrers den Schaden zu 100 Prozent ersetzen.
Die Besitzerin des Motorrads könne also den Wiederbeschaffungswert in voller Höhe verlangen — und zudem ohne Abzug des Restwerts. Ihr (getrennt lebender) Ehemann sei Kfz-Techniker-Meister und habe das Motorrad fachgerecht instand gesetzt. Der Mechaniker habe als Zeuge anschaulich geschildert, wie er nach Feierabend und am Wochenende daran "herumgebastelt" habe. Danach sei seine Frau wieder regelmäßig mit dem Motorrad gefahren.
Wenn ein Unfallgeschädigter das beschädigte Fahrzeug reparieren lasse und es über einen längeren Zeitraum weiter benutze, müsse er sich keinen Abzug des Restwerts gefallen lassen. Denn er/sie habe den Restwert ja nicht durch Weiterverkauf realisiert. Das gelte auch im Fall eines wirtschaftlichen Totalschadens am Fahrzeug, wie er hier vorlag.