Traumatisierte Polizeibeamte
onlineurteile.de - Es ist schon Jahre her, da wurde nachts die Polizei zu einem Lokal gerufen: Drei betrunkene, aggressive Besucher hatten mit dem Wirt und Gästen Streit angefangen, sie tätlich angegriffen. Als der Polizeiwagen eintraf, standen die drei Randalierer auf der Straße vor dem Lokal. Sie gingen sofort auf den Polizeibeamten A los. Vergeblich forderte er sie auf, stehen zu bleiben.
Dann gab A Warnschüsse in die Luft ab und wich zurück. Doch seine Gegner kamen bedrohlich nahe - da schoss er in ihre Beine. Polizist B stand derweil mit gezogener Dienstwaffe in der Nähe. Die drei Randalierer wurden für diesen Auftritt zu Freiheitsstrafen auf Bewährung verurteilt, die Polizisten mussten psychologisch behandelt werden. Wegen posttraumatischer Belastungsstörungen wurde A für dienstunfähig erklärt und vorzeitig pensioniert. B versieht wieder seinen Dienst.
Die Polizeibeamten verlangten von den Übeltätern Entschädigung. Das Land Rheinland-Pfalz als Dienstherr der Beamten verklagte die Angreifer auf Schadenersatz für Behandlungskosten und Dienstbezüge (120.000 Euro). Dafür sah das Trio überhaupt keinen guten Grund: A habe überreagiert, sein psychisches Leiden sei nicht ihnen zuzurechnen. Solche Einsätze seien im Berufsleben eines Polizisten doch alltäglich.
Dem widersprach das Oberlandesgericht Koblenz entschieden: Das Trio habe versucht, die Beamten zu verletzen, die Situation sei höchst gefährlich gewesen (1 U 1137/06 u.a.). Werde ein Polizist äußerst aggressiv bedroht, so dass Gefahr für Leib und Leben bestehe, handle er in Notwehr, wenn er seine Waffe einsetze. Dass Polizisten mit Angriffen rechnen müssten - "Berufsrisiko" -, bedeute noch lange nicht, dass Angreifer für die Folgen nicht verantwortlich seien.
Da die Beamten durch die enorme Stresssituation eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten ("Post-shooting-Syndrom"), hafteten die Schädiger dafür. Das aggressive Trio müsse an A 18.000 Euro und an B 10.225 Euro Schmerzensgeld zahlen, dem Land Rheinland-Pfalz stehe die geforderte Summe zu.