Trikot-Werbung für Glücksspiel
onlineurteile.de - Fußballfans werden sich an das Tauziehen erinnern: In der Saison 2006/2007 lief die Fußballmannschaft des SV Werder Bremen zunächst mit Trikot-Werbung für bwin auf, einem Anbieter von Sportwetten. Bwin hatte mit dem Verein einen Sponsorenvertrag geschlossen.
Doch bald verschwand das Logo des Wettanbieters wieder — denn die Stadt Bremen hatte dem Fußballverein verboten, für Glücksspiele zu werben. Bwin hatte das Nachsehen und musste dem Verein, obwohl alle Werbemaßnahmen ausfielen, noch einige Monate die vereinbarten Beträge überweisen, bis ein neuer Hauptsponsor gefunden war.
Das Bremer Stadtamt hatte das Verbot mit dem Glücksspielstaatsvertrag begründet: Demnach waren in Deutschland Sportwetten und andere Glücksspiele den staatlichen Lotteriegesellschaften vorbehalten, Reklame für private Anbieter von Glücksspielen deshalb unzulässig. Doch dann entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2010, dass das staatliche Glücksspielmonopol dem EU-Recht — dem Prinzip der Dienstleistungsfreiheit in Europa — widerspricht.
Nun sah Wettanbieter bwin eine Chance, den finanziellen Verlust durch das Verbot der Trikot-Werbung wettzumachen. Das Unternehmen verklagte die Stadt Bremen auf 5,9 Millionen Euro Schadenersatz, weil das Stadtamt die Werbung nicht hätte untersagen dürfen. Aufgrund des rechtswidrigen Verbots habe man damals unnütz Geld für Marketingartikel und für die Trikot-Werbung ausgegeben, ohne vom Fußballverein eine Gegenleistung zu erhalten.
Landgericht und Oberlandesgericht (OLG) Bremen wiesen die Klage von bwin ab (1 U 6/08). Dass die Stadt Bremen die Reklame für Sportwetten auf den Trikots des SV Werder Bremen verbot, habe zwar objektiv nicht dem Recht der Europäischen Union entsprochen, räumte das OLG ein. Das deutsche Sportwettenmonopol sei damit unvereinbar, wie der EuGH festgestellt habe.
Dennoch hafte die Stadt Bremen nicht für den Verlust von des Wettanbieters, weil den Verantwortlichen im Stadtamt kein Verschulden vorzuwerfen sei. Sie hätten sich bei ihrem Beschluss an der damals geltenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts orientiert, das sich für das staatliche Glücksspielmonopol aussprach.
Die EU-Mitgliedsstaaten hätten den Umgang mit Glücksspiel seinerzeit sehr unterschiedlich gehandhabt, die Rechtslage sei unklar gewesen. Letztlich habe erst die Entscheidung des EuGH im Herbst 2010 diese Unklarheit beendet. Die habe das Stadtamt aber nicht vorhersehen können.