Überlanges Strafverfahren ...
onlineurteile.de - Anfang 1993 hatte die Polizei den damals 17-Jährigen wegen eines Eigentumsdelikts festgenommen. Im Juni 1993 begann das Strafverfahren gegen ihn, das Amtsgericht verurteilte ihn 1997 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Der junge Mann legte Berufung ein. Im Juni 2002, also neun Jahre nach dem Beginn des Verfahrens, wurde darüber entschieden. Das Landgericht setzte das Strafmaß auf zwei Jahre und acht Monate herab. Der Angeklagte legte Verfassungsbeschwerde gegen die übermäßige Verfahrensdauer ein, die sein Recht auf ein rechtsstaatliches Verfahren verletze.
Das Bundesverfassungsgericht gab ihm Recht und hob das Urteil des Landgerichts auf (2 BvR 1473/02). Eine derart zögerliche Arbeit der Justizorgane sei nicht hinnehmbar, weil eine überlange Verfahrensdauer die Betroffenen in besonderer Weise belaste. Dies müsse im Strafmaß strafmildernd berücksichtigt werden, was das Landgericht offenkundig ignoriert habe. Nach so langer Zeit sei das öffentliche Interesse an Strafverfolgung nur noch gering; gemessen daran sei die Sanktion unverhältnismäßig hoch.
Außerdem sei der Mann mittlerweile sozial integriert und habe gelernt, ein Leben ohne Straftaten zu führen. Er trage Verantwortung für eine Familie und angesichts dieser Lebenssituation treffe ihn eine Freiheitsstrafe jetzt sehr viel härter, als wenn die Justiz den Prozess nach einer angemessenen Zeit zu Ende gebracht hätte. Auch das sei bei der Bemessung der Strafe zu bedenken, wenn sich das Landgericht nun noch einmal mit dem Fall befasse.