Überstunden ohne Vergütung?

BAG: Mehrarbeit ist zu bezahlen, wenn sie "den Umständen nach" nur gegen Entgelt zu erwarten ist

onlineurteile.de - Der Arbeitnehmer arbeitete als Lagerleiter für eine Spedition, sein Lohn betrug 1.800 Euro brutto. Laut Arbeitsvertrag hatte der Mann 42 Stunden in der Woche zu arbeiten. Wenn die betrieblichen Abläufe dies erforderten, sollte der Mitarbeiter ohne besondere Vergütung zu Mehrarbeit verpflichtet sein.

Nachdem das Arbeitsverhältnis beendet war, verlangte der Arbeitnehmer Bezahlung für 968 Überstunden, die er zwischen 2006 und 2008 geleistet hatte. Der Spediteur verwies auf den Arbeitsvertrag und zahlte nichts. Daraufhin zog der Ex-Lagerleiter vor Gericht.

Wie schon das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt entschied auch das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass dem früheren Mitarbeiter Vergütung für Überstunden zusteht (5 AZR 765/10). Angesichts der bescheidenen Höhe des vereinbarten Bruttoentgelts habe der Spediteur nicht davon ausgehen können, dass der Arbeitnehmer Überstunden ohne zusätzliches Entgelt leistet, so das BAG.

Wenn ein Arbeitnehmer kein "herausgehobenes" Gehalt beziehe, sei Mehrarbeit nur gegen zusätzliche Vergütung zu erwarten. Das gelte zumindest dann, wenn das Entgelt für Überstunden nicht wirksam geregelt sei. So sei es hier: Mehrarbeit im Arbeitsvertrag quasi anzukündigen und gleichzeitig jede Vergütung dafür auszuschließen, sei unzulässig.

Diese Regelung sei unklar und damit unwirksam. Der Arbeitnehmer habe dem Arbeitsvertrag nicht entnehmen können, welche Arbeitsleistung er dem Speditionsbetrieb für das regelmäßige Bruttoentgelt schuldete. Bei Vertragsschluss habe er nicht absehen können, was auf ihn zukommen würde.