Überweisung zum Facharzt
onlineurteile.de - Ein Patient, der an Prostatakrebs im fortgeschrittenen Stadium litt, wurde vom Urologen an eine radiologische Praxis überwiesen. Da der Mann über zunehmende Rückenschmerzen klagte, sollte eine Computertomographie (CT) der Wirbelsäule durchgeführt werden. Nach Rücksprache mit dem Urologen fertigte die Radiologin allerdings nur Röntgenaufnahmen an, weil der "schlechte Allgemeinzustand des Patienten eine CT nicht erlaube".
Das wurde ihr später von den Hinterbliebenen als Behandlungsfehler vorgehalten, als der Patient seinem Krebsleiden erlegen war: Mit einer CT hätte man die Metastasen im Bereich der Wirbelsäule früher entdeckt, glaubten sie. Dann wäre der Patient früher operiert und vielleicht gerettet worden. Die Klage der Angehörigen gegen die Fachärztin auf Schmerzensgeld wurde vom Oberlandesgericht (OLG) Naumburg abgewiesen (1 U 77/07): Ihr sei keinerlei Behandlungsfehler unterlaufen.
Wenn der überweisende Arzt die genaue Abklärung eines Verdachts fordere, dann müsse der Facharzt alle dafür notwendigen Befunde erheben, so das OLG. Anders liege der Fall aber, wenn der überweisende Arzt - wie hier der Urologe - einen ganz bestimmten Auftrag erteile. Dann sei der Facharzt daran gebunden und habe die konkret benannte Diagnosemaßnahme vorzunehmen. In die Behandlung des vom Patienten gewählten Arztes dürfe er gar nicht eingreifen.
Im konkreten Fall habe sich die Fachärztin mit dem Urologen abgestimmt und wegen der Schmerzen des Patienten für Röntgen entschieden. Diese Entscheidung entspreche anerkanntem radiologischen Facharzt-Standard. Nichts habe darauf hingedeutet, dass man sofort operieren sollte. Und nach Ansicht der Sachverständigen hätte auch eine CT-Untersuchung daran nichts geändert. Denn auf einer CT-Aufnahme der Wirbelsäule hätte man laut Gutachten den sich beim Patienten entwickelnden Defekt - das sich ausdehnende tumoröse Weichteilgewebe - nicht erkennen können.