Umstrittener Contergan-Fernsehfilm

Das reale Vorbild der Hauptfigur will Passagen des Films verbieten lassen

onlineurteile.de - Im Auftrag des WDR wurde ein zweiteiliger Fernsehfilm gedreht, der sich mit dem Fall Contergan befasst (eingenommen von schwangeren Frauen, führte das Schlafmittel vor ca. 50 Jahren zu Missbildungen bei Kindern). Seit 1961 kämpfte ein Rechtsanwalt, selbst Vater eines geschädigten Sohnes, für die Betroffenen um eine Entschädigung. 1970 erklärte sich der Pharmahersteller bereit, 100 Millionen DM zu zahlen.

Der Film zeigt die Auseinandersetzung, garniert mit frei erfundenen privaten Konflikten. Der Anwalt wandte sich gegen das "verfälschende Drehbuch" und wollte ganze Passagen verbieten lassen. Er unterlag jedoch beim Oberlandesgericht Hamburg (7 U 142/06). Der Zuschauer könne unschwer erkennen, dass es sich um einen Spielfilm handle, erklärten die Richter.

Nicht nur, weil der Vorspann ausdrücklich darauf hinweise ("Dieser Film ist kein Dokumentarfilm! Er ist ein Spiel- und Unterhaltungsfilm auf der Grundlage eines historischen Stoffes.") Als Kunstwerk gestalte der Film die Geschehnisse schöpferisch frei, auch wenn die Handlung an die Realität anknüpfe. Nach fast 40 Jahren erwarteten die Zuschauer nicht, dass der Einblick in das Familienleben des Anwalts wirklichkeitsgetreu und von historischer Genauigkeit geprägt sei.

Den wesentlichen Inhalt der Handlung bilde der Kampf der Hauptfigur gegen das "mächtige" Pharmaunternehmen um Gerechtigkeit. Man könne den Anwalt zwar als Vorbild erkennen. Allerdings weise die Filmfigur nur einzelne Persönlichkeitsmerkmale des Anwalts auf; sie sei künstlerisch eigenständig gestaltet, ohne dass die Darstellung der Realität widerspräche. Zumindest nicht in wichtigen Punkten. Einen Anspruch auf Unterlassung hätte der Anwalt nur, wenn die Abweichungen des Drehbuchs von der Realität sein Bild in der Öffentlichkeit entstellen würden. Da dies nicht zutreffe, wiege die Freiheit der Kunst hier schwerer als sein Persönlichkeitsrecht.