Undichter Ölkanister läuft im Kofferraum aus

Der Hersteller hätte vor dem Risiko durch schadhafte Schraubverschlüsse warnen müssen

onlineurteile.de - Frau V, Mitarbeiterin auf einem Gestüt, fuhr mit dem Geländewagen des Pferdezüchters zur Tankstelle. Sie erstand einen 20-Liter-Kanister Motoröl, den sie in den Kofferraum legte. Auf dem Gestüt angekommen, wollte sie ihn herausnehmen und stellte mit Erschrecken fest, dass der Kofferraum voller Öl stand. Der Kanister war ausgelaufen, das Öl sogar durch die Rücksitze gedrungen.

Für das Reinigen des Fahrzeugs und eine neue Rückbank forderte der Pferdezüchter Schadenersatz von der Mineralölgesellschaft, die die Kanister herstellt.

Die Vorgeschichte laut Beweisaufnahme des Gerichts: Die Schraubverschlüsse für die Kanister bezieht der Konzern von einem Zulieferer, der 2009 eine fehlerhafte Charge produzierte. Ein Zwischenhändler, der pro Woche etwa 60 Ölkanister abnimmt, hatte sich bei der Mineralölgesellschaft bereits über undichte Verschlüsse beschwert. Daraufhin schickte der Konzern Ersatzdeckel. Doch einige Kanister mit schadhaftem Schraubverschluss waren bereits weiter verkauft worden.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken sprach dem Autobesitzer 3.558 Euro Entschädigung zu (4 U 339/10). Beim Zwischenhändler seien einige Kanister mit schadhaftem Deckel angekommen: Nach einem Sprödbruch hätten sich die Deckel vom Schraubverschluss gelöst und Öl sei ausgelaufen. Nach der Reklamation des Händlers habe die Herstellerin darüber Bescheid gewusst, dass manche Verschlüsse einen Konstruktionsfehler aufwiesen und die Kanister dann undicht seien. Darauf habe das Unternehmen nicht richtig reagiert.

Ob die Mineralölgesellschaft verpflichtet gewesen wäre, die in Frage kommenden Chargen der Schraubverschlüsse komplett zurückzurufen, könne offen bleiben. Jedenfalls hätte sie Endkunden vor einer drohenden Leckage warnen müssen. Das sei schon deshalb notwendig gewesen, weil die fehlerhaften Verschlüsse von außen genauso aussahen wie die fehlerfreien. Bei einer Sichtkontrolle wäre das Problem nicht aufgefallen.

In so einer Situation dürfe sich die Herstellerin nicht darauf beschränken, dem Zwischenhändler Ersatz zu schicken und ansonsten "Zukleben" zu empfehlen. Sie hätte die betreffenden Lieferchargen herausfinden und ihre Zwischenhändler bzw. Kunden darüber informieren müssen, dass auch bei auf den ersten Blick unbeschädigten Kanistern ein Schadensrisiko bestehen könne. Hätte der Konzern das getan, wäre am Auto des Pferdezüchters kein Schaden entstanden.