Unfaires "Fairplay-Konzept"?

Anwalt will Vereinbarung zwischen Versicherer und Kfz-Werkstätten aushebeln

onlineurteile.de - Wenn zwei sich streiten, freut sich der Rechtsanwalt. Soweit wollte es ein führendes deutsches Versicherungsunternehmen X nicht kommen lassen. Es schloss mit Vertragswerkstätten verschiedener Autohersteller Rahmenverträge ab.

Inhalt des so genannten "Fairplay-Konzepts": Wandten sich nach einem Verkehrsunfall die Geschädigten an eine dieser Werkstätten, wickelte X als Versicherung der Unfallverursacher die Schadensfälle rasch und reibungslos ab. Das Fairplay-Konzept kam allerdings nur zum Einsatz, wenn der/die Unfallgeschädigte keinen Anwalt einschaltete.

Ein Rechtsanwalt fand das ziemlich unfair. Seiner Meinung nach boykottierte der Versicherer mit diesen Verträgen die Anwaltszunft: Sie widersprächen den Prinzipien fairen Wettbewerbs. Der besorgte Jurist sah außerdem einen Interessenkonflikt bei den Werkstätten.

Das Konzept mache sie zu "Dienern zweier Herren". Die Vorstellungen von Geschädigten und Versicherungen über den Umfang einer Reparatur gingen häufig weit auseinander. Fühle sich die Werkstatt der Versicherung verpflichtet, werde sie den Kunden nicht mehr objektiv beraten. Daher sei der Begriff "Fairplay" irreführend — denn für die Unfallgeschädigten sei das Konzept von Nachteil.

Dies sah das Landgericht München I jedoch anders (17 HK O 19193/11). Von einem Boykott gegen Anwälte könne keine Rede sein: Der Versicherer rufe nicht dazu auf, Anwälte zu meiden. Die Werkstatt-Kunden könnten vielmehr frei entscheiden, ob sie einen unabhängigen Sachverständigen und/oder einen Anwalt einschalteten oder den Schaden nach dem Fairplay-Verfahren abwickelten. Auf diese Entscheidung habe der Versicherer keinen Einfluss.

Das Fairplay-Konzept sei nicht entwickelt worden, um Anwälte zu verdrängen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen. Einfach gelagerte Schadensfälle könne man ohne Weiteres nach genau definierten Standards abwickeln, nach denen sich die Werkstätten bei der Schadensdiagnose und beim Kostenvoranschlag richteten. So werde das Schadensmanagement schneller, transparenter und günstiger. Schon bevor der Versicherer das Fairplay-Konzept einführte, seien fast 90 Prozent der einfachen Fälle ohne Anwalt erledigt worden.

Aus diesem Grund sei auch der Begriff "Fairplay" nicht irreführend. Er bedeute, dass ein Ausgleich der Interessen stattfinde und niemand übervorteilt werde. Wenn Schadensfälle schnell und problemlos abgewickelt werden, sei das für Verbraucher allemal vorteilhaft. Dass Werkstätten die Reparaturen dann womöglich nicht fachgerecht durchführten, habe der Anwalt behauptet, aber nicht überzeugend begründet.