Unfallhelfer auf der Autobahn angefahren
onlineurteile.de - Es war Ende Dezember und es begann zu schneien. Das brachte Autofahrer A auf der Autobahn ins Schleudern. Sein Wagen stieß gegen die Leitplanke und blieb auf dem Seitenstreifen stehen. Der hilfsbereite Herr V hielt sein Auto dahinter an, stieg aus und fragte A, wie es ihm gehe. Der war geschockt, aber unverletzt, und schaltete die Warnblinkanlage ein. V ging zum Kofferraum (des A), um ein Warndreieck herauszunehmen und die Unfallstelle abzusichern.
Eben in diesem Moment näherte sich das Fahrzeug von Autofahrer B mit überhöhter Geschwindigkeit und geriet ebenfalls ins Schleudern. Es erfasste V auf dem Seitenstreifen und verletzte ihn schwer. V verlangte von A und B bzw. ihren Haftpflichtversicherern Schadenersatz für die Unfallfolgen. Sie hafteten dafür in vollem Umfang, entschied der Bundesgerichtshof (VI ZR 286/09).
Vergeblich versuchte der Haftpflichtversicherer von B, dem Unfallhelfer ein Mitverschulden anzukreiden, weil er sich leichtsinnig selbst in Gefahr gebracht habe. Das Auto auf dem Seitenstreifen mit einem Warndreieck abzusichern, wäre wohl nicht zwingend notwendig gewesen, räumten die Bundesrichter ein. Doch in so einer Unfallsituation habe der Verkehrsteilnehmer keine Zeit gehabt, ruhig zu überlegen. V habe eben schnell handeln wollen.
Nach einem Unfall nicht sofort die objektiv vernünftigste Maßnahme vorzunehmen, stelle kein schuldhaftes Verhalten dar. Man könne V auch nicht vorwerfen, nicht sein eigenes Warndreieck geholt zu haben. Das wäre ebenso riskant gewesen. Von großem Leichtsinn könne hier aber keine Rede sein: Beide Fahrzeuge seien mit blinkendem Warnlicht vollständig auf dem Seitenstreifen gestanden. An der übersichtlichen Unfallstelle habe man sie von weitem gut sehen können.