Unfallwagen mit Gebrauchtteilen repariert
onlineurteile.de - Nach einem Verkehrsunfall, den der Unfallgegner verschuldet hatte, stand Herr G vor einem Problem: Genau genommen lag Totalschaden an seinem Wagen vor, den er jedoch unbedingt behalten wollte. Die Reparatur mit neuen Ersatzteilen hätte knapp 5.300 Euro gekostet, ein Betrag weit über der 130-Prozent-Grenze von 4.290 Euro. (130-Prozent Grenze: Der Kfz-Versicherer des Unfallverursachers muss Reparaturkosten nur bis zur Höhe von 130 Prozent des Wiederbeschaffungswerts des Autos erstatten. Kostet die Reparatur mehr, muss er nur den Wiederbeschaffungswert ersetzen.)
Bei seinem Schadensgutachten ermittelte der Kfz-Sachverständige in Absprache mit G die Reparaturkosten, indem er mit Preisen gebrauchter Ersatzteile kalkulierte — so kam er auf Kosten unterhalb der 130-Prozent-Grenze. Die von G beauftragte Werkstatt hatte die Gebrauchtteile vorher schon besorgt und reparierte den Wagen exakt nach den Richtlinien des Gutachtens für 4.276 Euro. Doch der Versicherer rechnete auf Totalschadensbasis ab, d.h. er rückte nur den Wiederbeschaffungswert des Autos heraus (3.300 Euro).
Herr G forderte von der Versicherung den Differenzbetrag von 976 Euro. Die Klage scheiterte zunächst beim Amtsgericht Stuttgart: Völlig korrekt habe der Versicherer abgerechnet, erklärte der Amtsrichter, denn die Reparaturkosten seien mit den Preisen neuer Ersatzteile zu kalkulieren. Und so berechnet, hätten die Reparaturkosten die 130-Prozent-Grenze deutlich überschritten. G legte gegen das Urteil Berufung ein und hatte damit beim Landgericht Stuttgart Erfolg (5 S 230/11).
Das Gericht ließ es explizit offen, ob ein Schadensgutachten, das die Preise von Gebrauchtteilen zugrunde legt, korrekt ist. Wenn die konkrete Reparatur mit Gebrauchtteilen durchgeführt worden sei, bedeute das aber nicht, dass G nur der Wiederbeschaffungswert des Wagens zustehe, erklärte das Landgericht. Der Geschädigte habe Anspruch auf Erstattung der tatsächlich gezahlten Reparaturkosten, wenn diese unterhalb der 130-Prozent-Grenze liegen und die Reparatur — trotz der Verwendung gebrauchter Ersatzteile — fachgerecht und vollständig ausgeführt wurde. Das treffe hier zu.
Da die Gerichte solche Fälle — korrekt kalkuliert liegen die Reparaturkosten über 130 Prozent, faktisch aber darunter — unterschiedlich bewerten und höchstrichterlich darüber noch nicht entschieden wurde, ließ das Landgericht die Revision zum Bundesgerichtshof zu.