Unfreiwillig im Wahl-Werbespot aufgetaucht
onlineurteile.de - Eine Schauspielerin und Kabarettistin wehrte sich gegen einen Wahl-Werbespot der Berliner Opposition (Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2006). Hintergrund: Die Künstlerin ist mit dem Regierenden Bürgermeister W. befreundet. Auf der "AIDS-Gala" 2004 tauschte sie mit ihm zu später Stunde einen Zungenkuss aus, worüber die Medien berichteten. Auf ihrer Website stellte die Frau danach ein Interview mit dem "Tagesspiegel" ein, in dem sie diesen "Vorfall" bestätigte und auch, dass W. "mal aus einem roten Schuh von ihr Champagner getrunken" habe.
Eine Oppositionspartei bestritt den Wahlkampf 2006 wesentlich mit dem Vorwurf an W., seine Arbeit zu Gunsten geselliger Ereignisse zu vernachlässigen. Um dies zu unterstreichen, drehte ihre Werbeagentur einen Werbespot mit dem Titel "Der Knüller". Darin wurde ein imaginäres Arbeitszimmer von W. gezeigt, in dem chaotisch unbearbeitete Akten, Einladungskarten für Partys und eine CD der "Love Parade" durcheinander lagen. Auf dem Schreibtisch standen eine leere Champagnerflasche, ein roter Damenschuh und ein gerahmtes Foto der Schauspielerin.
Für diesen unfreiwilligen "Auftritt" forderte die Schauspielerin vom Gegenkandidaten P. und seiner Partei eine Entschädigung: Man habe ohne ihr Wissen das Foto zu Werbezwecken benutzt. Das verletze ihr Persönlichkeitsrecht, zumal man sie dem Spott politischer Gesinnungsfreunde aussetze. Dabei sei sie am Wahlkampf völlig unbeteiligt. Mit dieser Argumentation konnte die Künstlerin das Landgericht Hamburg nicht überzeugen (324 O 894/06).
Der satirische Werbespot wolle offenkundig aussagen, dass sich W. in übertriebener Weise gesellschaftlichen Vergnügungen hingebe und darüber seine Dienstpflichten vergesse. Das Bild der Schauspielerin sei ein Bestandteil der sorgfältigkomponierten Kamerafahrt durch ein erfundenes Büro. Das müsse die Frau als Bekannte des Bürgermeisters hinnehmen. Die Freundschaft begründe gerade im Zusammenhang mit der Wahl öffentliches Interesse auch an ihrer Person.
Da W. öffentlich erklärt habe, homosexuell zu sein, habe der Auftritt auf der AIDS-Gala Aufsehen erregt. Damit habe die Schauspielerin rechnen müssen. Mit wem und wie sich W. in der Öffentlichkeit präsentiere, interessiere die Bürger. Schließlich gehöre die Repräsentation zu den Kernaufgaben eines Bürgermeisters. Und sein Verhalten zu kommentieren, gehöre zum politischen Wahlkampf. Die Anspielung im Werbespot müsse die Frau schon deshalb dulden, weil sie Auftritte mit W. (in Interviews, auf der Website) auch selbst genutzt habe, um sich öffentlich darzustellen.