Unfreiwillige Werbung

Joschka Fischer erhält als Ausgleich "fiktive Lizenzgebühr"

onlineurteile.de - Im September 2005 startete der Springer-Verlag eine Werbekampagne, um die Kompaktausgabe einer Zeitung auf dem Markt einzuführen. Es wurden Werbeanzeigen (in Zeitungen, als City-Light-Poster, Postkarten, auf Leuchtsäulen usw.) veröffentlicht, die verfremdete Gesichter bekannter Persönlichkeiten zeigten; verfremdet insofern, als man ihnen kindliche Gesichtszüge verpasste. Trotzdem blieben die abgebildeten Personen erkennbar.

Eine dieser Personen war Joschka Fischer, damals noch deutscher Außenminister. Der hatte nun überhaupt keine Lust, unfreiwillig als "Model" für Werbezwecke zu dienen. Fischer zog vor Gericht und forderte eine angemessene Lizenzgebühr für die unerlaubte Nutzung seines Fotos. 200.000 Euro sprach ihm das Landgericht Hamburg zu (324 O 381/06).

Als "Person der Zeitgeschichte" müsse ein Außenminister und Bundestagsabgeordneter zwar journalistische Berichterstattung (inklusive Fotos) über sich und seine Tätigkeit zulassen. Weise Reklame auf redaktionelle Artikel hin, sei dies ebenfalls in Ordnung, weil es dabei um das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gehe. Für inhaltsleere Werbung eines Verlags mit prominenten Köpfen müsse Joschka Fischer sein Bild aber nicht hergeben.

Gegen seinen Willen habe man sein Foto als Kaufanreiz für eine Zeitung eingesetzt. Daher verletzten die Annoncen sein Recht am eigenen Bild und sein Persönlichkeitsrecht. Üblicherweise würden Prominente für Werbung bezahlt. Als Entschädigung müsse der Verlag an den Ex-Außenminister eine "fiktive Lizenzgebühr" zahlen. ("Fiktive Lizenzgebühr" bedeutet: Als Ausgleich wird die Summe gezahlt, die der Verlag hätte ausgeben müssen, wenn er Herrn Fischer die Nutzungsrechte für das Bild abgekauft hätte. Der Verlag hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)