Ungewollt schwanger - der Gynäkologe war schuld

Unfreiwillige Eltern fordern Schadenersatz für den Unterhalt

onlineurteile.de - Die 21-Jährige sah eine rosige Zukunft mit gut bezahltem Job vor sich. Heiraten, Kinderkriegen, davon wollte sie noch überhaupt nichts wissen. Ihr Freund, den sie erst seit kurzem kannte, sah das genauso. Die junge Frau sorgte daher vor und ließ sich von ihrem Frauenarzt ein lang wirkendes Verhütungsmittel in einem Plastikröhrchen unter die Haut setzen. Sechs Monate später war sie wieder beim Gynäkologen - und in der 16. Woche schwanger.

Im Blut fand sich kein Verhütungs-Wirkstoff, das Implantat war verschwunden. Der Gynäkologe hatte es falsch eingesetzt. Die Frau sah ihre Zukunft nun ziemlich düster und forderte vom Arzt Ersatz für die Unterhaltskosten, auch im Namen des Erzeugers. Schließlich hätten sie beide noch keine Kinder haben wollen. Der Richter am Landgericht riet ihr nur, die Schwangerschaft positiv zu sehen: Was ein Kind heute koste, spare man sich später. In ihrem Alter habe sie doch wohl noch nicht endgültig auf Kinder verzichten wollen.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe verurteilte dagegen den Gynäkologen zur Zahlung von Schadenersatz (13 U 134/04). Auch und gerade bei einer jungen Frau könne ein Kind "unerwünscht" sein, wenn dadurch alle beruflichen Pläne durchkreuzt würden. Aus gutem Grund habe die 21-Jährige verhüten wollen, angesichts einer ungefestigten (und mittlerweile beendeten) Beziehung und dem bevorstehenden Start in einer neuen Firma. Da der Behandlungsfehler des Arzes ihre "Familienplanung" (= Kinder vorerst auszuschließen) zunichte machte, sei der Unterhalt für das Kind als finanzieller Schaden anzusehen.

Auch der Vater habe einen Anspruch auf Schadenersatz, obwohl die unfreiwilligen Eltern nicht verheiratet seien. Der Arzt habe gewusst, dass die Patientin verhüten wollte, weil das Paar keine feste Beziehung anstrebte. Die junge Frau habe damit auch den Partner vor einer ungewollten Schwangerschaft schützen wollen. (Die Frage, ob der nichteheliche Vater in den Arztvertrag einzubeziehen ist, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Daher wurde Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.)