Vater entzog dem Sohn den Pflichtteil

"Verzeihung" des Erblassers macht den Pflichtteilsentzug unwirksam

onlineurteile.de - Gut verstanden hatten sich Vater und Sohn noch nie. Dann geriet der junge Mann auf die schiefe Bahn, beging mehrere Straftaten und musste eine Gefängnisstrafe absitzen. Aus diesem Grund beschloss der Vater, der Sohn sollte von seinem Vermögen nichts abbekommen. Im Testament setzte der Vater eine Verwandte als Alleinerbin ein und entzog dem Sohn den Pflichtteil.

Nach dem Tod des Vaters forderte der missratene Sohn von der Alleinerbin trotzdem den Pflichtteil. Begründung: Der Vater habe ihm verziehen. Damit sei "das Recht zur Entziehung des Pflichtteils" erloschen und die entsprechende Verfügung im Testament unwirksam (§ 2337 BGB).

Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg gab dem Sohn Recht und verurteilte die Verwandte dazu, ihm den Pflichtteil auszuzahlen (12 U 2016/11). Vergeblich hatte die Alleinerbin auf das Testament gepocht und darauf verwiesen, dass der Erblasser seine Verfügung nicht geändert habe. Hätte er dem Sohn wirklich verziehen, hätte er das sicher schriftlich festgehalten.

Auch durch sein objektives Verhalten könne ein Erblasser nach außen hin dokumentieren, dass er aus dem schweren Fehlverhalten des Kindes keine Konsequenzen mehr ableiten möchte, erklärte das OLG. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Versöhnung offiziell bekannt gemacht wurde oder ob das Verhältnis (wieder oder erstmals) innig familiär war. Es genüge, wenn sich die Beziehung "normalisiert" habe.

Und das treffe hier zu, wie die Beweisaufnahme ergeben habe. Der Vater habe schon Briefkontakt zum Sohn aufgenommen, als er noch im Gefängnis saß. Nach dessen Entlassung hätten gegenseitige Krankenbesuche stattgefunden. Zu einer Bekannten habe der Vater sogar gesagt, er wolle für den Sohn ein "Häuschen in der Nähe" kaufen, damit er in seine Nähe ziehen könne. Aus diesem Verhalten sei durchaus der Schluss zu ziehen, dass der Erblasser dem Sohn verziehen habe.