Vater überträgt das Eigenheim einem Sohn
onlineurteile.de - Im Jahr 1990 übertrug ein Vater einem seiner beiden Söhne das Eigentum am Haus der Familie. Er ließ sich ein Nutzungsrecht an zwei Zimmern im Obergeschoss sowie an Küche und Bad einräumen. Nach seinem Tod im Jahr 2001 verlangte der andere Sohn, der sich wohl selbst Hoffnungen auf das elterliche Anwesen gemacht hatte, sein Pflichtteil müsse um 9.456 Euro erhöht werden, weil der Vater das Haus verschenkt habe. Das Oberlandesgericht Bremen wies jedoch seine Klage gegen den Erben, seinen Bruder, ab (4 U 61/04).
Nach dem Gesetz können Kinder, die nichts erben, von den Erben den Pflichtteil verlangen (= die Hälfte des Werts des gesetzlichen Erbteils). Hat der Erblasser einen Teil des Erbes vor seinem Tod verschenkt, steht den Pflichtteilsberechtigten eine "Ergänzung des Pflichtteils" zu. Das bedeutet, dass der verschenkte Gegenstand zum Nachlass dazugerechnet wird, wodurch sich der Pflichtteil erhöht. Liegen zwischen Schenkung und dem Tod des Erblassers mehr als zehn Jahre, wird diese bei der Berechnung des Pflichtteils allerdings nicht mehr berücksichtigt.
Obwohl hier elf Jahre verstrichen waren, beharrte der zu kurz gekommene Bruder auf der Erhöhung des Pflichtteils: Die Zehn-Jahres-Frist dürfe hier keine Rolle spielen. Denn in Wirklichkeit sei im Haus alles beim Alten geblieben, die Familie habe mit der Schenkung nur ihn und seine Ansprüche ausmanövrieren wollen, argumentierte er.
Doch die Richter sahen das anders: Mit dem Eintrag des Erben im Grundbuch habe der Vater seine Stellung als Alleineigentümer aufgegeben, also auf sein Recht verzichtet, das Grundstück uneingeschränkt zu nutzen. Der "Nießbrauch" habe sich auf zwei Zimmer sowie Küche und Bad beschränkt. Der Vater hätte also z.B. bei einem Streit mit dem Erben diesen nicht mehr aus dem Haus weisen können. Das sei ein spürbarer Vermögensverlust, im Haus sei nur äußerlich "alles beim Alten geblieben". Mit dem Eintrag des Erben ins Grundbuch habe die Zehn-Jahres-Frist zu laufen begonnen, der Bruder könne daher keine Pflichtteilsergänzung mehr verlangen.