"Verderbliche Ware"
onlineurteile.de - Eine Hobbygärtnerin bestellte bei einem Pflanzenhandel telefonisch Baumsetzlinge. Aus irgendeinem Grund gefielen ihr die künftigen Bäume nicht, deshalb schickte sie die Ware zurück. Doch die Setzlinge wuchsen nach dem strapaziösen Transport nicht mehr an. Nun forderte das Handelsunternehmen, die Kundin müsse die Pflanzen bezahlen.
Die Gärtnerin pochte dagegen auf das gesetzliche Recht auf Widerruf: Beim Versandhandel stehe Kunden das Recht zu, einen Kauf innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Aber in einigen Ausnahmefällen sei das Widerrufsrecht ausgeschlossen, konterte das Unternehmen, zum Beispiel beim Versand schnell verderblicher Ware. Und darum gehe es hier.
Da sich die Parteien nicht einigten, kam es zum Rechtsstreit. Vor Gericht ging es im Wesentlichen um die Frage, ob Baumsetzlinge wirklich "schnell verderbliche Ware" sind — denn davon hing es ab, ob der Widerruf wirksam war oder der Kaufvertrag Bestand hatte. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle verneinte die Frage (2 U 154/12).
Schnell verderblich sei Ware dann, wenn ihre Lebensdauer schon bald nach dem Transport zum Kunden ablaufe. Das treffe bei Schnittblumen zu und häufig auch bei Lebensmitteln, gelte jedoch nicht für lebende Bäume. Die seien genau genommen ein besonders langlebiges Produkt. Bäume würden gekauft und verschickt, um sie in Gärten einzusetzen. Dort wachsen und gedeihen sie im besten Fall über Jahrzehnte. Das seien keine Waren, die man nach kurzer Zeit nicht mehr gebrauchen könne.
Schon möglich, dass die Kundin die Bäume nach der Lieferung nicht sofort eingepflanzt habe, räumte das OLG ein. Das Handelsunternehmen habe behauptet, dass die Pflanzen deshalb abgestorben seien. Durch falschen Umgang mit Setzlingen werde aus Bäumen aber keine "von Natur aus schnell verderbliche Ware". Das Risiko, dass der Käufer die Ware falsch behandle, gebe es fast bei allen Produkten: Der Käufer eines Autos könne es sofort nach Lieferung gegen eine Wand fahren. Dennoch seien Autos keine "schnell verderbliche Ware".
Bäume gehörten nicht zu den Produkten, bei denen das Widerrufsrecht der Kunden im Versandhandel entfalle. Also habe die Kundin den Kauf wirksam widerrufen, das Handelsunternehmen habe keinen Anspruch auf den Kaufpreis. Dann gab das Gericht dem Verkäufer noch den Tipp, er hätte für den Schaden von der Kundin Wertersatz verlangen und gegen deren Forderung aufrechnen können.