Vererbt oder vermacht?

Lebensgefährtin im Testament bedacht, aber nicht ausdrücklich als Erbin eingesetzt

onlineurteile.de - Der Verstorbene hatte Vorsorge für den Todesfall getroffen. Laut seinem Testament sollte seine Lebensgefährtin fast sein ganzes Vermögen erhalten. Er zählte die Dinge, die sie bekommen sollte, einzeln auf ("Auto, Barschaft, Anteil am Reihenhaus"). Mit keinem Wort erwähnte er, dass sie

Alleinerbin werden sollte. Dennoch beantragte die Lebensgefährtin einen entsprechenden Erbschein und bekam ihn auch. Das wurmte die Verwandtschaft: Mutter, Schwester und Neffe des Verstorbenen legten Beschwerde ein. Da im Testament kein Erbe eingesetzt sei, seien sie die gesetzlichen Erben, meinten sie.

Der Verstorbene habe nicht ausdrücklich einen oder mehrere Erben bestimmt, räumte das Bayerische Oberste Landesgericht ein (1Z BR 124/02). Hätte er seiner Lebensgefährtin nur einzelne Gegenstände vermacht, hätten die Angehörigen Recht. Der Erblasser habe aber im Testament "über wesentliche Bestandteile seines Vermögens verfügt" und diese der Lebensgefährtin zugewandt. Die Schwester sollte Möbel bekommen und der Enkel der Lebensgefährtin seine Spielzeugeisenbahn und seine Amateurfunkanlage. Im Vergleich zu diesen beiden Personen habe der Verstorbene seiner Lebensgefährtin eine herausragende Rolle zuweisen wollen, indem er ihr fast sein ganzes Vermögen überließ. Er habe zu der Frau großes Vertrauen gehabt, ihr deshalb Beerdigung und Grabpflege anvertraut und sie darum gebeten, nach seinem Tod die "vererbten Sachen zu verteilen". Auch das spreche dafür, dass sie nach seinen Vorstellungen Erbin sein sollte.