Vierjähriger fällt aus dem Fenster
onlineurteile.de - Da der kleine Junge nicht gehorchte, verließ die Mutter im Streit die Wohnung und ließ ihn allein zurück. Vorher schob sie noch das Sofa vom Fenster weg, weil der Fensterriegel defekt war — man konnte ihn nicht mehr schließen. Doch der Vierjährige schnappte sich einen anderen Gegenstand in der Nähe und kletterte zum Fenster hinauf. Durch das offene Fenster stürzte das Kind vom zweiten Stock auf die Erde und verletzte sich schwer.
Die gesetzliche Krankenkasse übernahm die Behandlungskosten von fast 24.000 Euro und forderte den Betrag anschließend von der Vermieterin: Die Mutter habe das Kind nur einige Minuten allein gelassen. Der Junge sei nur deshalb aus dem Fenster gefallen, weil der Fensterriegel nicht mehr funktionierte. Das habe die Vermieterin gewusst, sich aber nicht darum gekümmert. Die Mieterin habe den Mangel schon vor Monaten angezeigt.
Die Krankenkasse könne sich nicht bei der Vermieterin schadlos halten, entschied das Oberlandesgericht Koblenz, die sei für den Unfall nicht verantwortlich (5 U 983/12). Das würde selbst dann gelten, wenn die Mutter die Vermieterin tatsächlich über den defekten Riegel am Fenster informiert hätte (was die Vermieterin bestreite und nicht bewiesen sei). Denn das Verschulden der Mutter, die grob fahrlässig ihre Aufsichtspflicht verletzte, wiege so schwer, dass ein Regress gegen die Vermieterin nicht in Frage komme.
Die Frau hätte das Kind nicht allein lassen dürfen oder alle Gegenstände entfernen müssen, die es dem Jungen ermöglichten, das offene Fenster zu erreichen. Sie habe gewusst, wie gern er am Fenster spielte. Und auch der Gedanke wäre nahe liegend gewesen, dass der Junge am Fenster nachsehen würde, ob sie nach dem Streit ohne ihn das Haus verließ.
Um das Fenster als Gefahrenquelle habe sich die Mieterin selbst nicht richtig gekümmert: Angeblich habe sie den defekten Fensterriegel lange vor dem Unfall gemeldet. Die Frau habe aber nur mit einem Zivildienstleistenden gesprochen, der im Haus jemanden betreute. Das sei nicht der richtige Ansprechpartner für dieses Problem. Die Mieterin hätte den Mangel der Vermieterin selbst oder einem Vertreter der Vermieterin selbst anzeigen müssen.
Der Zivildienstleistende, Zeuge im Prozess, habe mit der Vermieterin nichts zu tun gehabt. Er habe sich nicht einmal an das Gespräch mit der Mieterin erinnern können. Die Behauptung, dass der Mietmangel schon längst gemeldet wurde, sei also unzutreffend. Bei der Vermieterin habe die Mutter nicht einmal nachgefragt, ob die Mängelanzeige an sie weitergegeben wurde.