"Vitamin B" schadet Justitias Image

Ein Richter im Ruhestand darf als Patentanwalt keine Fälle an "seinem" Gericht betreuen

onlineurteile.de - Ein 1947 geborener Richter ging Ende September 2011 auf eigenen Wunsch in den Ruhestand. Zuletzt war er am Landgericht München I Vorsitzender einer auf Patentrecht spezialisierten Kammer gewesen.

Ab März 2012 wollte er seine Erfahrungen auf diesem Rechtsgebiet als freier Mitarbeiter in einer Patentanwaltskanzlei einbringen. Er wolle zwar nicht vor Gericht auftreten, teilte er der bayerischen Justiz, dem früheren Dienstherrn, mit. Aber er werde bei der Akquise neuer Mandanten mitwirken und intern Fälle für die Anwälte vorbereiten.

Das Oberlandesgericht München verbot ihm, Fälle zu betreuen, die irgendwie vor dem Landgericht München I landen könnten. Er sei als Ex-Richter "weithin bekannt". Das erwecke den Eindruck, dass seine persönlichen Beziehungen Einfluss auf Patentstreitigkeiten haben könnten. Interessenkonflikte wären möglich. Das schade dem Vertrauen der Bürger in die Justiz.

Bei welchem Gericht eine Streitsache verhandelt werde, wisse man vorher oft nicht, wandte der ehemalige Richter ein. Also dürfte er so gesehen überhaupt keine Rechtsfälle betreuen. Doch der bayerische Verwaltungsgerichtshof segnete das teilweise Tätigkeitsverbot ab (3 CS 13.1110).

Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, der Richter verwerte nach dem Ausscheiden aus dem Amt Amtswissen für private Interessen. Das beeinträchtige das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Rechtspflege. Selbst wenn der Ex-Richter nur kanzleiintern Fälle vorbereite: Das genüge, um Leute auf den Gedanken zu bringen, hier würden alte Seilschaften genutzt, um ein passendes oder schnelleres Urteil zu erreichen.

Dadurch drohe die Rechtsprechung an Ansehen zu verlieren. Dieser Gesichtspunkt wiege so schwer, dass das Einzelinteresse des ehemaligen Richters zurückstehen müsse. Allerdings müsse er seine Mitarbeit an einem Rechtsstreit erst in dem Moment einstellen, in dem absehbar sei, dass die Sache vom Landgericht München I entschieden werden solle.

Ansonsten könne der Ruheständler bei Gutachten mitarbeiten und in anderen Fällen Mandanten beraten. Das verletze die Treuepflicht gegenüber dem alten Dienstherrn nicht.