Vollbremsung eines Linienbusses

Greiser Fahrgast fliegt durch die Luft - Mitverschulden?

onlineurteile.de - Der Fahrer eines Linienbusses musste an der Kreuzung (mit 45 km/h) voll in die Bremsen steigen, weil ein Autofahrer das Rotlicht ignoriert hatte und ein Zusammenstoß drohte. Deswegen stürzte ein 88-jähriger Fahrgast von seinem Sitz nach vorne und verletzte sich schwer. Seine Krankenversicherung übernahm die Behandlungskosten und forderte sie anschließend vom Busunternehmer und dessen Haftpflichtversicherung zurück.

Vom Landgericht wurde die Zahlungsklage mit der Begründung abgewiesen, der Senior habe sich nicht genügend festgehalten und sei für den Unfall selbst verantwortlich. Jeder Fahrgast sei verpflichtet, sich in Bus oder Straßenbahn festen Halt zu verschaffen, um bei plötzlichem Bremsen oder Ruckeln des Fahrzeugs nicht zu stürzen, räumte das Oberlandesgericht München ein (24 U 617/05). Das könne man aber nur verlangen, wenn Haltegriffe oder -stangen vorhanden seien.

Vor dem Doppelsitz, auf dem der Verletzte und seine Ehefrau während der Unglücksfahrt saßen, befinde sich jedoch keine Querstrebe, auf die sich der Fahrgast hätte abstützen können. Er hätte höchstens mit der rechten Hand über die rechte Schulter nach hinten an die Haltestange neben der Rücklehne greifen können. Eine derart unnatürliche Sitzhaltung sei aber nicht zumutbar und hätte wohl auch den Unfall gar nicht verhindert. Man könne von den Fahrgästen auch nicht erwarten - erst recht nicht von einem alten Mann, dem das Gehen schwer falle -, beim Einsteigen den Bus zu durchsuchen nach Sitzen mit Querstangen. Da dem Verletzten also kein Mitverschulden anzukreiden sei, hafte das Unternehmen allein für die Unfallfolgen.