Wallach als Triebtäter?
onlineurteile.de - Tierhalterin T hatte ihren Wallach — so nennt man kastrierte Hengste — in einer Pferdepension untergebracht. Nach Angaben des Inhabers der Pension soll er auf der Weide neben den Ställen eine Stute attackiert haben: Aggressiv, wie sich sonst nur ein Hengst verhalte, habe sich der Wallach losgerissen, einen durch Elektrodraht gesicherten Weidezaun durchbrochen und sei auf die Stute losgegangen. Mit den Vorderhufen sei er auf sie aufgestiegen und habe sie schwer verletzt — ein sehr talentiertes Springpferd im Wert von 150.000 Euro.
Als Ausgleich forderte der Pferdepensionswirt von Tierhalterin T 40.000 Euro Schadenersatz. Doch damit kam er nicht weit: Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm drehte den Spieß um und hielt dem Pferdepensionswirt vor, er hätte den Wallach besser beaufsichtigen müssen (24 U 112/12).
Ein Pferdeexperte habe den von ihm und seiner Ehefrau geschilderten "hengstischen Ausbruch" des Tieres für sehr zweifelhaft erklärt. Nach einer Hormonuntersuchung des Wallachs habe es der Sachverständige mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass der Wallach "sexuell motiviert" mehrere Hindernisse überwunden habe, um zur Stute zu gelangen und sie zu besteigen.
Doch selbst wenn das zuträfe, haftete nicht Frau T für den so verursachten Schaden, stellte das OLG fest. Der Inhaber einer Pferdepension müsse für die bei ihm untergebrachten Pferde sorgen und auf sie aufpassen. Als Tierhüter müsse er auch Gefahren abwenden, die von ihnen ausgehen.
Nach Ansicht des Sachverständigen sei er für die Verletzung seiner Stute selbst verantwortlich. Vermutlich habe er den Wallach trotz erkennbarer Unruhe zu der ihm nicht vertrauten Stute auf eine Weide gelassen — und das ohne Schutzvorkehrungen.