Was sind "angemessene Kosten der Unterkunft" ...
onlineurteile.de - Ein unverheiratetes, älteres Paar erhält Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II (früher: Sozialhilfe). Über die Kosten der Unterkunft kam es zum Rechtsstreit, weil die "Arbeitsgemeinschaft Grundsicherung" des zuständigen Landkreises nicht die tatsächlichen Kosten berücksichtigte. Das Paar bewohnte ein kleines Einfamilienhaus (92 Quadratmeter Wohnfläche, drei Zimmer, Küche, Flur und Bad), das es mit zwei Darlehen in Form der "Tilgungsansparung" finanzierte.
Diese Ausgaben hatte die Arbeitsgemeinschaft Grundsicherung auf die durchschnittlichen Kosten einer 65 Quadratmeter großen Mietwohnung herabgesetzt: Das sei für zwei Personen angemessen. Dagegen wehrten sich die Hausbesitzer: Sie könnten weder die Finanzierungskosten senken, noch ein Zimmer untervermieten - das sei nach dem Zuschnitt des Hauses unmöglich. Also müsse man ihnen für die Unterkunft mehr Geld bewilligen.
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg gab den Hausbesitzern Recht (L 10 AS 102/06). Im Normalfall sei der finanzielle Aufwand für selbst genutztes Eigentum höher als die Miete. Diese Mehrbelastung sei zu berücksichtigen, vorausgesetzt, das Eigenheim zähle - als "selbst genutztes Haus angemessener Größe" - nicht als Vermögen des Grundsicherungsberechtigten.
Alles andere wäre ein Widerspruch: Die Empfänger von Grundsicherung bekämen kleine Immobilien nicht als Vermögen angerechnet, weil sie diese ansonsten verkaufen, also ihre Lebensverhältnisse radikal ändern müssten. Den Zwang zum Wohnungswechsel habe der Gesetzgeber gerade vermeiden wollen (eine angemessene Größe der Immobilie vorausgesetzt = höchstens 130 Quadratmeter). Genau dieser Zwang entstehe aber, wenn man Hausbesitzern im Rahmen der Grundsicherung nicht die tatsächlichen Kosten der Unterkunft ersetze, sondern von fiktiven, niedrigeren Mietkosten ausgehe.
Der Finanzierungsaufwand für das Einfamilienhaus sei also zu berücksichtigen - obere Grenze dafür sei die ortsübliche Nettokaltmiete für eine durchschnittliche Wohnung von 92 Quadratmetern. (Der Landkreis legte gegen das Urteil Revision zum Bundessozialgericht ein.)