Wenn die Mama Hilfe braucht ...
onlineurteile.de - Die Familie war durch Krankheit schwer gebeutelt: Im Sommer 1992 bekam die Ehefrau ihr erstes Kind, kurz darauf wurde bei der Mutter Multiple Sklerose diagnostiziert. Sie erhielt einen Schwerbehindertenausweis. Der Grad der Behinderung lag zuerst bei 50 Prozent, später bei 80 Prozent. Da man ihr nur Pflegestufe II zurechnete, galt sie auf dem Papier nicht als hilflos. Doch im täglichen Leben sah es ganz anders aus.
Bald brauchte die Familie jemanden, der die junge Mutter im Haushalt und bei der Betreuung des Kindes unterstützte. Das kostete 3.100 Mark im Monat (plus Sozialabgaben). Diese Ausgaben wollte der Ehemann, ein Notar, von der Steuer absetzen. Doch die Finanzbeamten winkten ab: Nur Ehepaare mit zwei Kindern und mehr könnten die Kosten einer Haushaltshilfe steuerlich geltend machen. Dass die Frau selbst hilfsbedürftig sei, belege der Behindertenausweis gerade nicht: Sonst wäre da ein "H" vermerkt.
Das sahen die Richter am Bundesfinanzhof anders (XI R 63/00). Richtig sei zwar, dass die Frau nie in die Pflegestufe III (= "Hilflosigkeit") eingestuft worden sei. Aber auch ohne entsprechenden Eintrag im Behindertenausweis sei klar, dass die Frau weder den Haushalt, noch ihr Kind alleine versorgen konnte. Um dies zu belegen, genüge das ärztliche Attest.
So gesehen, könne man den Ehemann auch als Alleinstehenden betrachten. Alleinstehende könnten die Kosten einer Haushaltshilfe als Sonderausgabe von der Steuer absetzen, auch wenn nur ein Kind im Haushalt lebe. Im Grunde habe der Notar Hilfe sogar dringender gebraucht als ein Alleinerziehender, weil er zusätzlich (bis zu ihrem Tod 1997) seine kranke Frau versorgen musste. Es gehöre zu den Prinzipien des Sozialstaats, dass Steuerzahler unvermeidliche Ausgaben von der Steuer abziehen dürften.