Zum Schneeschippen zu gebrechlich
onlineurteile.de - Schon seit dem Jahr 1964 wohnt der 1931 geborene alte Herr in einer Kölner Erdgeschosswohnung. Wie es Mietvertrag und Hausordnung vorsahen, leistete der Mieter 40 Jahre lang Winterdienst. Abwechselnd mit zwei anderen Mietern schaufelte er Schnee und streute bei Glätte.
2009 fühlte sich der Senior dafür nicht mehr fit genug und bat den Vermieter, ihm künftig das Schneeschippen zu ersparen. Der Mieter legte sogar ein Attest vor. Die Gesundheit des 78-Jährigen erlaube es nicht mehr, den anstrengenden Winterdienst zu erledigen, bestätigte sein Hausarzt. Doch der Vermieter stellte sich stur und pochte auf Pflichterfüllung.
Schließlich zog der Senior vor Gericht — und bekam vom Amtsgericht Recht: Er sei nicht mehr verpflichtet, Winterdienst zu leisten, entschied der Amtsrichter. Die Berufung des Vermieters gegen das Urteil scheiterte beim Landgericht Köln (1 S 52/11).
Ein medizinischer Sachverständiger habe das vom Vermieter angezweifelte Attest für zutreffend erklärt: Der Mieter sei dauerhaft nicht mehr in der Lage, im Winter den Gehweg zum Hauseingang freizuschaufeln. Der Mietvertrag verpflichte beide Parteien, auf die berechtigten Interessen der anderen Vertragspartei Rücksicht zu nehmen. Und das bedeute hier: Rücksicht auf die Gesundheit des alten Mieters.
Der Senior könne vom Vermieter verlangen, vom Winterdienst befreit zu werden. Normalerweise müsste der Mieter unter diesen Umständen einen Vertreter suchen, damit jemand für ihn — gegen Entgelt — den Winterdienst erledigt. Im konkreten Fall müsse der Mieter jedoch keinen "Ersatzmann" stellen. Denn dem Vermieter entstehe keinerlei Nachteil, wenn er den Senior vom Winterdienst befreie.
Die drei Erdgeschossmieter müssten sowieso nur noch den etwa zehn Meter langen Gehweg vom Hauseingang bis zur Straße freihalten. Mit dem restlichen Winterdienst (Bürgersteige, Wege innerhalb des Mietkomplexes) habe der Vermieter längst ein Unternehmen beauftragt. Dessen Kosten lege er auf die Mieter um. Diese Kosten würden nur geringfügig steigen, wenn der Vermieter die Aufgaben des Unternehmens etwas erweiterte. Der Dienstleister wäre sicher bereit, auch den Gehweg zu übernehmen.